Courage-Patin Canan Topcu besucht die Intensivklasse 1 der Otto-Hahn-Europaschule

„Das bin ich heute“, sagt Canan Topcu den Schülerinnen und Schülern der Intensivklasse 1. Zuvor hatte die Courage-Patin ein Video über sich und ihre Arbeit an der Hochschule Darmstadt gezeigt. In diesem kurzen Film ist sie mit Studierenden wie auch in ihrem Haus in der Kastanienallee, mit Hund und Hühnern im Garten, zu sehen.

„Heute bin ich Journalistin, Buchautorin, Dozentin und Hühnermutter“, sagt die 59-Jährige und ergänzt: „Was mich aber mit euch verbindet, ist die Erfahrung, nicht in Deutschland geboren worden zu sein.“

Auf der Leinwand erscheint ein Schwarzweiß-Foto von einem zufrieden lächelnden Kleinkind in einem Fischerboot. „Das war ich früher“, erklärt Topcu, „Ich bin in der Türkei am Meer aufgewachsen.“ Auf einem weiteren Foto sieht man Topcu als stolze Erstklässlerin in Schuluniform neben ihrer Lehrerin. „Seht ihr, was anders ist in der Türkei?“ Mia meldet sich: „Sie tragen eine Schuluniform.“ „Richtig“, bekräftigt die Autorin und zeigt auf ihre Schuhe: „Die Straße war immer staubig, dadurch waren meine Schuhe immer schmutzig.“

„Und hier“, so präsentiert Topçu nun ein Farb-Foto von einem Mädchen mit dunklen, schulterlangen Haaren und braun-rot-gelbem Blockstreifenpullover, „hier bin ich schon in Deutschland. Ich weiß also, wie es ist, wenn man neu in einem anderen Land ist, wenn man die Sprache noch nicht kann und das Gefühl hat, keine Freunde zu haben.“ Nachdenklich fährt sie fort: „Aber ich weiß auch, dass man es schaffen kann, in Deutschland einen guten Weg zu gehen. Man muss aber fleißig sein, und Mut braucht man auch.“

Aus ihrem Buch „Nicht mein Anti-Rassismus“ liest die Autorin eine Passage über eine schmerzliche Begebenheit aus ihrer Grundschulzeit. Damit zeigt sie ihrem jugendlichen Publikum: Manchmal ist es schwer. Aber, tröstet Topcu: „Man muss nicht von allen gemocht werden.“ Ihr selbst genügte eine Lehrerin, die an sie glaubte und eine Freundin, die an ihrer Seite stand.

Topcu, die einige der Schülerinnen und Schüler von einem früheren Schulbesuch kennt, fragt nach, was sich in den letzten Monaten verändert hat. „Heute kann ich mich in meiner neuen Klasse melden“, berichtet Gina, und auch Semira erzählt, dass sie jetzt Freundinnen gefunden habe.

Die Doppelstunde vergeht schnell. Bibliotheksleiterin Dagmar Hofmann bedankt sich mit einem Blumenstrauß für den interessanten Besuch. Als sich nach und nach die Schülerinnen und Schüler der IK 1 und auch Klassenlehrerin Angelika Baig verabschieden, verweilen Anastasia und Lina noch länger in der Bibliothek, um sich mit der Schulpatin auszutauschen. Und da auch die Pause im Nu vorbei ist, lädt Topcu die beiden Mädchen kurzerhand für einen anderen Tag zu sich nach Hause zum Tee ein. Sie weiß, wie wichtig es ist, gute Menschen an seiner Seite zu wissen, damit aus dem noch fremden Land eine neue Heimat wird.