„Lernt, damit ihr zur Gesellschaft beitragen könnt“

rät der diesjährige Friedenspreisträger Sebastaio Salgado Hanauer Schülerinnen und Schülern

Schüler und Schülerinnen der Otto-Hahn-Schule diskutieren mit dem diesjährigen Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels.

Am Vortag der Verleihung des Friedenspreises 2019 an den brasilianischen Fotografen Sebastaio Salgado lud der Börsenverein des Deutschen Buchhandels Schülerinnen und Schüler zu einem Gespräch in die Frankfurter Paulskirche ein.
Während im Saal die Generalprobe für die Ehrung im Gange ist, stellen sich der Brasilianische Fotograf Sebastaio Salgado, der Filmemacher Wim Wenders, der die Laudatio auf den zu Ehrenden am nächsten Tag halten wird sowie die Preisträger des Friedenspreises 2018, das Ehepaar Aleida und Jan Assmann, den Fragen der rund siebzig Jugendlichen, die aus Hanau, Neu-Isenburg, aus Geisenheim im Rheingau und aus der Nähe von Berlin angereist waren. Es war die Premiere eines neuen Veranstaltungsformats, der symbolischen Staffelübergabe, bei der sich der aktuelle und die vergangenen Friedenspreisträger erstmals begegnen, um mit jungen Menschen in ein lebendiges Gespräch über die gesellschaftliche Verantwortung der Literatur, Wissenschaft und Kunst zu treten.

Vierzehn Schüler und Schülerinnen im Alter von sechzehn Jahren hatten sich an der Otto-Hahn-Schule mit ihrer Kunst- und Englischlehrerin Elke Conert auf die Fragestunde vorbereitet. Es galt einen Bildkünstler kennen zu lernen, der mit seinen dokumentarischen Fotografien soziale Gerechtigkeit und Frieden fordert und der weltweit geführten Debatte um Natur- und Klimaschutz Dringlichkeit verleiht. Den Jugendlichen war schon bei der Vorbereitung klar, dass sie einem außergewöhnlichen Menschen begegnen würden, dessen Leben nicht von seinem Werk zu trennen ist.
Auf die Fragen der Otto-Hahn-Schüler Maral Manukyan, ob er heute noch seine Fotografien der weltweiten Flüchtlingsströme der 1980 und 1990er Jahre anschauen könne, und Tom Hüsemann, ob er schon einmal ein Foto gegen seinen  Willen gemacht habe, sprach er über das unermessliche Leiden, das er in Ruanda und der Sahel-Zone, aber auch hier mitten in Europa, in Bosnien habe sehen müssen. Sichtlich bewegt schilderte Salgado, dass er oft die Kamera habe hinlegen und weinen müssen.  Er fotografiere nicht, wenn die Würde der Menschen dabei nicht gewahrt sei. Um entsetzliche Lebensumstände aushalten zu können, müsse man sich danach sehnen, mit Menschen zusammen zu sein, Teil des historischen Momentes zu sein. Menschen, seien ihm oft zutiefst dankbar gewesen, dass er ihnen seine Aufmerksamkeit geschenkt habe. Ein Foto nehme er nicht, wie es allgemeinhin im Englischen heißt, ein Foto sei vielmehr ein Geschenk, das er bekomme.
Der Filmemacher Wim Wenders, der im Jahr 2014 den Dokumentarfilm „Das Salz der Erde“ über den Fotografen Salgado drehte, erzählte, dass der Wendepunkt bei der Arbeit am Film sich einstellte, als Salgado ihm von dem Institut erzählte, das er mit seiner Frau 1998 auf der väterlichen Farm im Amazonasgebiet gegründet hatte mit dem Zweck, das von der Rinderzucht völlig ausgelaugte an die 700 Hektar große Areal wieder zu aufzuforsten. Das Instituto Terra pflanze 2,5 Millionen Pflanzensetzlinge in den versteppten Boden und renaturierte auf diese Weise ein Gebiet in der Größe von und schenkte es als Nationalpark dem brasilianischen Staat. Die Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann wies in diesem Rahmen darauf hin, dass Naturschutzaktivitäten erst dann nachhaltig werden können, wenn sie institutionalisiert werden.
Herr Salgado wandte sich an die jungen Leute, um ihnen eindringlich ans Herz zu legen, das Beste zu lernen, was ihnen zur Verfügung stehe, über Soziologie, Politik und Wirtschaft, um später einer Arbeit nachzugehen, die von Bedeutung für die Gesellschaft sei. „Go back to the planet, go back to the earth“, er appellierte dafür, sich wieder dem Planeten zuzuwenden, sich der Erde zuzuwenden, ganz wörtlich, indem auch wir hier in unserer Region durch das Sammeln und Ausbringen heimischer Pflanzensamen die botanische Artenvielfalt schützen und stärken.